Die von Lina Dinkla (DOK Leipzig) und Katharina Franck kuratierte Programmsektion widmet sich realen Arbeitsbedingungen im Europa des 21. Jahrhunderts legt heuer einen Fokus auf Berufsfelder im Spanungsfeld zwischen Beruf und Aktivismus.
Berufung: Veränderung!
Lina Dinkla (DOK Leipzig) und Katharina Franck
Arbeiten für eine bessere Welt: So könnte man die Arbeitswelten 2024 zusammenfassen. Heuer stehen Berufsfelder im Vordergrund, die fließend übergehen in ein aktivistisches Handeln – mal mehr, mal weniger freiwillig oder absichtsvoll. Vier Dokumentarfilme, in denen Menschen im Mittelpunkt stehen, die sich Tätigkeiten widmen, in denen es um weit mehr geht als ums Geldverdienen, um die Karriere oder um Selbstverwirklichung. In einer Welt, die an unzähligen Orten gleichzeitig aus den Fugen geraten ist, gibt es Mut machende Menschen, die dahin gehen, wo es wehtut, die mit ihrem Beruf auch ein Stück Privatleben aufgeben. Die für das, was sie machen bennen und denen nicht zuletzt auch Gefahr droht bei dem, was sie tun.
WER, WENN NICHT WIR? DER KAMPF FÜR DEMOKRATIE IN BELARUS / WHO IF NOT US? THE FIGHT FOR DEMOCRACY IN BELARUS bildet in dieser Reihe dabei vielleicht den Ausgangspunkt, denn hier sind es tatsächlich Menschenrechtsaktivistinnen in Belarus, die der Film drei Jahre lang bei ihrer gefährlichen Arbeit begleitet. Als Leiterin des in Minsk stattfindenden Human Rights Film Festival „Watch Docs“ oder Mitarbeiterin des Zentrums für Menschenrechte „Wiasja“ könnte jeder Tag der letzte in Freiheit sein und trotz der russischen Angriffe ist das Nachbarland Ukraine zynischerweise sogar sicherer als das eigene Zuhause.
Spannend ist dabei auch, dass die Regisseurin des Films, Juliane Tutein, zudem als eine der Protagonistinnen im Film WAS BLEIBT – JOURNALISTINNEN IN KRISENREGIONEN / WHAT REMAINS – JOURNALISTS IN CRISIS AREAS auftritt. Die beiden Beiträge ergänzen sich zu einem Doppelporträt. Hier stehen ebenfalls drei Frauen im Fokus, in diesem Fall Reporterinnen und Journalistinnen in Krisenregionen, darunter Afghanistan, Kongo und eben Belarus und die Ukraine. Journalist*innen wird zwar als Beobachtenden eine gewisse Neutralität zugedacht, in den Gesprächen wird aber schnell deutlich, dass es gerade als Frau in patriarchal geprägten Regionen und in Ländern mit diktatorischen Regimen gar nicht möglich ist, keinen aktivistischen Standpunkt einzunehmen.
Auch Cristina, die Protagonistin in SCONOSCIUTI PURI / PURE UNKNOWN, gerät eher durch einen äußeren Umstand in ihrer Arbeit dazu, sich für eine Veränderung einzusetzen. Auf ihrem Seziertisch in der Rechtsmedizin landen Verstorbene, deren Identität unklar ist. Durch die vielen Menschen, die auf der Flucht übers Mittelmeer ums Leben kommen, verändert sich ihr Arbeitsalltag. Immer öfter fehlen für eine Identifizierung die finanziellen Mittel. Cristina geht dieser rechtlichen Leerstelle nach und möchte herausfinden, wer für die Kostenübernahme bei der Identitätsklärung Geflüchteter zuständig ist, um nicht zuletzt den Angehörigen Klarheit zu verschaffen.
In BEAUTY AND THE LAWYER geht es nach Armenien, ein Land mit einer äußerst queerfeindlichen Gesellschaft. Garik lebt hier als Dragperfomer*in und Sexarbeiter*in, Ehefrau Hasmik ist Anwältin für LGBTIQA+ Rechte. Mit ihrem kleinen Kind wollen sie einfach nur ein ganz normales Leben führen, doch das an sich ist schon purer Aktivismus. (Lina Dinkla, Katharina Franck)
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