Arbeitswelten 2011

Die Arbeit der Frauen

(Lina Dinkla, Kuratorin)

Es sind die Manager und ihre Rekord-Bonizahlungen, die in den Nachrichten aus der Welt von Arbeit und Wirtschaft meist dominieren. Von den unglamourösen Schauplätzen der Niedriglohn- Erwerbswelt bekommt man durch die medialen Niederschläge meist wenig mit. Da erfährt man vielleicht von der Kündigung einer Supermarktangestellten, die zwei gefundene Pfandbons für sich selbst eingelöst haben soll.

Bei der Recherche zur heurigen Arbeitswelten-Reihe fanden sich erstaunlich viele Filme, die sich eben genau jenen glamourfreien Arbeitsstätten widmen. Diese nehmen sich zudem unspektakulär in dem Sinne aus, dass hier weder der große Klassenkampf stattfindet noch skandalöse Zustände von Ausbeutung auf Aufdeckung warten. Im Zentrum steht vielmehr der alltägliche, mühsame Broterwerb der Arbeitnehmerinnen. Ein konsequent weiblicher Blick ist es dazu, denn alle fünf Filme der Reihe stammen von weiblichen Filmemachern, die wiederum Arbeitsalltage von Frauen beobachten, von Fabrikarbeiterinnen, Call-Center-Angestellten und Pflegekräften erzählen. Es sind jedoch bei weitem keine explizit feministischen oder genderpolitisch aufgeladene Filme; die Frau als weibliche Arbeitskraft und als Subjekt des Interesses steht angesichts der Drehorte quasi zwangsläufig vor der Kamera.

Dass sich durch die Verschiebungen im Arbeitsmarkt auch die Rollenverteilungen verändern, zeigt sich in Die Näherinnen von Biliana Garvanlieva. In der patriarchalisch angeordneten mazedonischen Gesellschaft schien die Tatsache festgemeißelt zu sein, dass der Mann als Familienoberhaupt auch der Ernährer ist. Nun, da mit dem Zerfall der alten politischen wie wirtschaftlichen Strukturen auch die Arbeitsplätze schwanden, sind es vor allem die Frauen, die in den wenigen verbliebenden Produktionsstätten noch einen Job finden und sich den Machtverhältnissen zunehmend wiedersetzen.

Klare, scheinbar unveränderliche Hierarchien finden sich in Vanja Svilicics Portrait eines Hotels. Am I Happy or What fragen sich die Reinigungsfrauen bei einer Pausenzigarette, deren immer gleiche Arbeitsschritte stets von der Hotelchefin kontrolliert werden, die mit peniblem Blick noch den kleinsten Fleck moniert.

In einigen Fällen ist die Dramaturgie auch von außen vorgegeben: In Into Our Own Hands begleitet Mariana Ortero die Angestellten und Arbeiterinnen einer Dessousfabrik im französischen Orléans bei dem Versuch, ihren konkurgefährdeten Arbeitgeber in eine Genossenschaft umzuwandeln. Zögerlich werden sie sich ihrer Macht bewusst und erleben, wie sich durch einen vergleichsweise kleinen Einsatz vielleicht auch das große Ganze verändern lässt.

In Die Haushaltshilfe wirkt die beklemmende Situation der Slowakin Martina zwar wie ein individuelles Schicksal, doch Anna Hoffmann kommentiert darüber hinaus die Auswirkungen des eklatanten Fachkräftemangels in der Kranken- und Altenpflege und stellt damit die Frage nach dem Umgang mit ausländischen Arbeitskräften in Westeuropa.

Den umgekehrten Migrationsweg beschreibt hingegen Martina Priessner in Wir sitzen im Süden. Nicht ohne lakonischen Witz wird hier die Debatte von hinten aufgegriffen und das Schicksal derer beleuchtet, die ein Land verlassen mussten, das sie jahrzehntelang als ihre Heimat erlebt hatten. In der Türkei arbeiten sie nun in CallCentern deutscher Firmen und versuchen vergeblich ihr Heimweh zu verdrängen.

 

Filme der Sektion: